Zukunftsfähige Stromnetze gestalten
»Netzplanung und -ausbau bei wachsendem Anteil der erneuerbaren Energien, Systemdienstleistungen bei fluktuierendem Energieangebot, der verstärkte Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnik und die damit verbundenen Sicherheitsrisiken« sind zentrale Themen für die Forschungsinitiative Stromnetze. In zehn Projekten arbeitet das Fraunhofer IWES in Kassel darin mit, um nachhaltige Antworten und Lösungen zu entwickeln. Ergebnisse wurden auf der Konferenz »Zukunftsfähige Stromnetze«, am 22. und 23. September 2016 in Berlin präsentiert.
80 Prozent erneuerbare Energien zur Stromerzeugung bis 2050 plant die Bundesregierung in ihrem Energiekonzept. Um diesen hohen Anteil fluktuierender Einspeisung im Stromnetz zu managen, haben die Bundesministerien für Wirtschaft und Energie (BMWK) sowie für Bildung und Forschung (BMBF) die gemeinsame Forschungsinitiative »Zukunftsfähige Stromnetze« mit einem Förderumfang über 140 Millionen Euro aufgesetzt. Ergebnisse aus den zahlreichen Forschungsprojekten werden am 22. und 23. September 2016 in Berlin präsentiert.
Zu den Herausforderungen und Chancen eines dezentralen Netzes betonte Prof. Dr. Kurt Rohrig, stellv. Institutsleiter des Fraunhofer IWES in Kassel, in seinem Impulsvortrag, dass die Anlagen zur Nutzung erneuerbarer Energien auch die zur Netzstabilität notwendigen Systemdienstleistungen erbringen können. Für ihn sind Versorgungssicherheit und Erneuerbare kein Widerspruch. Komponenten und Verfahren müssten allerdings noch weiterentwickelt und optimiert werden.
In der Podiumsdiskussion »Von der Forschung bis zur Anwendung – Technologietransfer in der Praxis« hob Prof. Dr. Martin Braun die Bedeutung der Fraunhofer Gesellschaft mit ihrer Schlüsselrolle als anwendungsorientierte Forschungsorganisation in enger Zusammenarbeit mit universitärer Forschung und Ausrichtung auf die konkreten Umsetzungsbedürfnisse der Unternehmen hervor. Er realisiert dies in einer Doppelrolle als Abteilungsleiter am Fraunhofer IWES und Fachgebietsleiter an der Universität Kassel. »Es gilt gleichzeitig die Beantwortung grundlegender Fragestellungen voranzutreiben wie auch anwendungsnahe Lösungen zu entwickeln und in den Netzbetrieb zu bringen.«
Die Wissenschaftler des Fraunhofer IEE stellten die wichtigsten Ergebnisse ihrer noch laufenden Projekte vor:
ANAPLAN - Automatisierte Netzausbauplanung im Verteilnetz, Intelligent, Innovativ und Integriert
»Die Netzentwicklung wird heute aufgeteilt in Netzplanung und Asset-Management, d.h. Netzersatz von Betriebsmitteln aufgrund ihres Alters und Zustands. Wir werden beide Aspekte in einer automatisierten Netzausbauplanungsmethode gemeinsam betrachten und an einem realen Netz testen, um so durch Synergien Kosten zu sparen und die Netze in Zukunft sicher und stabil zu halten.« (Dr. Tanja Manuela Kneiske)
OpSimEval – Integration von Netzplanung und Betriebsführungen im Smart Grid
»Aufbauend auf der Test- und Simulationsplattform OpSim für Betriebsführungen im Smart Grid wird in dem Projekt OpSimEval die energiewirtschaftliche Bewertung von Betriebsführungen im Jahresverlauf sowie aus Sicht der Netzplanung um zwei wichtige Funktionalitäten weiterentwickelt: Eine beschleunigte Jahressimulation elektrischer Energiesysteme mit unterschiedlichen Regelungsstrategien und die Integration dieser Simulation mit Netzplanungsalgorithmen, zur Berechnung von kostengünstigen Netzausbaupfaden.« (Dr. Frank Marten)
STERN – Szenarien-Tool für die Erstellung von Residuallastzeitreihen für Netzausbaubedarfsanalysen
»Für Netzausbaubedarfsanalysen werden Modelle für Eingangsdaten entwickelt bzw. weiterentwickelt. Die Ergebnisse ermöglichen belastbarere Abschätzungen des für die Energiewende erforderlichen Netzausbaus. Die bearbeiteten Themenfelder umfassen u. a. eine genauere Abbildung des heutigen Anlagenbestands sowie die räumlich aufgelöste Modellierung des Zubaus von EE-Anlagen zur Abbildung zukünftiger Szenarien.
Die für den regionalisierten Zubau von Windenergieanlagen entwickelte Methode basiert auf MaxEnt, einem Verfahren des Maschinellen Lernens.«
(Dr. Carsten Pape)
NEDO – Netzschutz in stromrichter-dominierten Netzen
»Die strukturellen Veränderungen in Verteilnetzen durch stromrichtergekoppelte Erzeugungsanlagen stellen die Schutztechnik vor Herausforderungen, die nicht ausreichend beschrieben sind. Im Projekt NEDO werden die Kurzschlussstrombeiträge marktüblicher PV-Stromrichter für unterschiedliche Fehlerarten gemessen und für den Einsatz in der Netzberechnung aufgearbeitet.« (Wolfram Heckmann)
NETZ:KRAFT – Netzwiederaufbau unter Berücksichtigung zukünftiger Kraftwerks-strukturen
»Der zunehmende Anteil von Erneuerbarer-Energie-Anlagen (EEA) beeinflusst den Netzwiederaufbau (NWA). NWA-Konzepte und das Verhalten von EEA müssen dementsprechend aufeinander abgestimmt und weiterentwickelt werden. Dabei müssen die Möglichkeiten und Grenzen beim Einsatz von EEA im Zusammenspiel mit konventionellen Anlagen für Netzebenen und Netzregionen ermittelt werden. Außerdem ist es notwendig, die möglichen Wiederaufbaupfade in netzebenenübergreifenden Ansätzen technisch und organisatorisch aufeinander abzustimmen.« (Wolfram Heckmann)
IMOWEN – Integration großer Mengen Windenergie in das elektrische Netz durch intelligente Netzanalyse und Clusterbetriebsführung
»Wir haben eine zentrale Optimierung von Windparks in der 110-kV-Netzebene durch unser Windpark-Cluster-Management-System (WCMS) entwickelt und ermöglichen damit ein aktives Blindleistungsmanagement und eine bessere Netzintegration von Windenergie. Hochaufgelöste Windleistungsprognosen sind durch das Trajektory-Surf-Verfahren möglich. Mit einem neuen Verfahren stellen wir die robuste Stabilität einer Q(U)-Spannungsregelung in Teilnetzgebieten sicher.« (David Sebastian Stock)
Transstabil-EE – Transiente Stabilität in zukünftigen Verbundnetzen mit hohem Anteil erneuerbarer Energien
»Durch eine netzbildende Regelung für Windparks (Virtuelle Synchronmaschine), eine modellprädiktive Regelung für Windparks, eine hochdynamische PV-Parkregelung mit Speicherintegration und eine netzdienliche Regelung für leistungselektronische Lasten wollen wir den stabilen Netzbetrieb bei bis zu 100% Stromrichter-Durchdringung ermöglichen, um auf konventionelle »Must-Run« Kraftwerke verzichten zu können.« (Daniel Duckwitz)
SysDL 2.0 – Systemdienstleistungen aus Flächenverteilnetzen
»Im Rahmen des Projekts SysDL2.0 wird ein Felddemonstrator bei den Flächenverteilnetzbetreibern Mitnetz und DREWAG/ENSO im Netzgebiet der 50Hertz realsiert, um den Austausch von Systemdienstleistungen im Zusammenspiel zwischen Verteilungs- und Übertragungsnetz durch neuartige Betriebsführungen weiterzuentwickeln. Dabei findet auch die Test- und Simulationsplattform OpSim ihre Anwendung auf dem Weg zwischen Simulation und realem Pilotbetrieb im Netz.« (Sebastian Wende-von Berg)
ReWP - Werkzeuge und Verfahren für eine optimale Regelleistungsbereitstellung durch Wind- und Photovoltaikparks
»Wir haben angepasste probalistische Prognosen für PV und Wind, die Integration einer ökonomischen Optimierung von EE für den Handel am Regelleistungsmarkt und an den Strombörsen sowie ein Verfahren zur Berechnung der möglichen Einspeisung aus PV-Parks entwickelt.« (Dr. Reinhard Mackensen)
NSON – North Sea Offshore Network
»Wir entwickeln Analyse- und Bewertungswerkzeuge für unterschiedliche Markt- und Netzvarianten eines NSON, wiederverwendbare mathematische Optimierungstechniken für Aufbau und Betrieb von Energieübertragungsnetzen und untersuchen Auswirkungen auf das deutsche und übergeordnete europäische Energieversorgungssystem sowie Rückwirkungen eines NSON auf die Onshore-Netzinfrastruktur. Das nationale NSON-DE kollaboriert mit der internationalen NSON-Initiative und untersucht darin Umsetzungsmöglichkeiten eines Offshore-Netzes in der Nordsee.« (Philipp Härtel)
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