Norwegische Wasserkraft im treibhausgasneutralen Europa: Das Projekt HydroConnect
Wasserkraft ist ein wesentlicher Bestandteil des norwegischen Energiesystems. Im Rahmen des HydroConnect-Projekts wird untersucht, ob und wie die norwegische Wasserkraft einen Beitrag zum Klimaschutz in Europa leisten kann. HydroConnect ist ein Verbundprojekt vom Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE, der norwegischen Forschungsorganisation SINTEF Energy Research, der Norwegian University of Science and Technology (NTNU) und der University of Trento. HydroConnect wird vom Norwegian Research Council mitfinanziert.
Um das Ziel der Klimaneutralität in Europa bis 2050 zu erreichen, ist ein erheblicher Ausbau der variablen erneuerbaren Stromerzeugung erforderlich. Daher stehen die europäischen Strom- und Energiesysteme vor mehreren grenz- und sektorenübergreifenden Herausforderungen, insbesondere um diesen Übergang effektiv und effizient zu ermöglichen. HydroConnect analysiert dazu die Auswirkungen der Nutzung norwegischer Wasserkraft und wie diese zum Ausgleich variabler erneuerbarer Energiequellen eingesetzt werden kann.
Die Rolle norwegischer Wasserkraft für den Klimaschutz
Die norwegischen Wasserkraftsysteme verfügen über eine große Speicherkapazität in bestehenden Wasserreservoiren. Basierend auf den Ergebnissen des Projekts HydroBalance und den Szenarien zum Energiesystem aus dem Projekt openENTRANCE bewertet HydroConnect die Auswirkungen der norwegischen Wasserkraftsysteme auf die Bereitstellung von Flexibilität für das europäische Stromsystem. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf den Treibhausgasemissionen in Europa, den Strompreisen in Norwegen und Europa sowie den Umweltauswirkungen auf norwegische Stauseen und Flüsse. Anhand verschiedener Szenarien für die Entwicklung des Stromnetzes und insbesondere der Interkonnektoren wird so untersucht, ob norwegische Wasserkraft einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz in Europa leisten kann.
Das Fraunhofer IEE setzt hierfür Modellierungs- und Optimierungswerkzeuge für die mittel- bis langfristigen Szenarioentwicklungen ein. "Konkret haben wir unser Energiesystemmodell SCOPE Scenario Development (SCOPE SD) genutzt, um relevante europäische Energieszenarien für die norwegische Wasserkraft zu entwickeln. Hierbei verwenden wir unter anderem ein detailliertes Wasserkraftmodell und untersuchen verschiedene Szenariovarianten, um die Rolle der Wasserkraft in zukünftigen europäischen Energieszenarien zu analysieren und die prägenden Unsicherheiten der Zukunft widerzuspiegeln", so Dr. Philipp Härtel, Leiter des Projektes am Fraunhofer IEE.
Insgesamt hat das Projektteam 15 verschiedene Szenarien analysiert. In einem mittelfristigen Szenario, das für 2030 entwickelt wurde, werden die Treibhausgasemissionen im Vergleich zu 1990 um 55 Prozent reduziert. In den langfristigen Szenarien für 2050 wird Europa als treibhausgasneutrales System modelliert, sodass weniger Treibhausgase produziert als vom System absorbiert werden.
Die Abbildung von Multireservoir-Wasserkraftsystemen in Europa basiert auf der internen Datenbank des Fraunhofer IEE. Diese umfasst die Wasserkraftwerks- und Reservoirparameter von über 850 Wasserkraftsystemen in Europa. Neben anlagen- und speicherspezifischen Daten enthält die Datenbank auch komplexe hydraulische Verbindungen und Kopplungen individueller Becken sowie Informationen über die grenzüberschreitende Marktteilnahme. Die Parameter der Wasserkraftsysteme in Norwegen wurden in enger Abstimmung mit SINTEF und auf Basis der vorhandenen detaillierten Modelle aktualisiert.
Ergebnisse bieten Raum für weiterführende Forschung
Eine der nächsten unmittelbaren Schritte ist der Transfer der Ergebnisdaten aus dem Energiesystemmodell SCOPE SD zu den nachgelagerten Modellen bei SINTEF und NTNU über die openENTRANCE-Nomenklatur. Insbesondere werden die Ergebnisdaten von SCOPE SD genutzt, um den Einsatz der norwegischen Wasserkraft mit dem Modell FanSI noch detaillierter zu analysieren.
Mit dem etablierten Modellaufbau und der geschaffenen Modell-Verknüpfung ist es möglich, neue Sensitivitäten auf Basis der betrachteten Referenzfälle zu untersuchen. In Anbetracht der aktuellen politischen Debatte könnten zusätzliche Sensitivitäten in Bezug auf Offshore-Energie-Inseln oder künftige Wasserstoff- und E-Fuel-Importpreisunsicherheiten neue Erkenntnisse liefern.
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