Projekte zum »Schaufenster intelligente Energie – Digitale Agenda für die Energiewende« gestartet
Das Fraunhofer IWES in Kassel arbeitet in drei der fünf vom BMWK ausgewählten Modellregionen mit, in denen innovative Technologien und Verfahren für die Energieversorgung der Zukunft untersucht werden. »Ziel des Förderprogramms »Schaufenster intelligente Energie - Digitale Agenda für die Energiewende« (SINTEG) sind Musterlösungen für eine klimafreundliche, sichere und effiziente Energieversorgung bei hohen Anteilen erneuerbarer Energien. Im Zentrum stehen dabei die intelligente Vernetzung von Erzeugung und Verbrauch durch Einsatz innovativer Netztechnologien und –betriebskonzepte«, teilte das BMWK mit.
»Die fünf Schaufenster werden in den nächsten vier Jahren mit über 200 Millionen Euro vom Bundeswirtschaftsministerium gefördert. Zusammen mit zusätzlichen privaten Investitionen werden so über 500 Mio. Euro in die Digitalisierung des Energiesektors investiert. An den Schaufenster-Regionen sind über 200 Unternehmen und weitere Akteure etwa aus der Wissenschaft beteiligt. Die Projekte haben den Auftrag, »Blaupausen« für die breitenwirksame Umsetzung einer intelligenten Stromversorgung auf Basis erneuerbarer Energien zu entwickeln.«, teilte das Ministerium in seiner Presseinformation am Dienstag mit.
Das Fraunhofer IWES in Kassel arbeitet mit seinen Kompetenzen Energieinformatik, Energiemanagement und Elektrische Netze in den folgenden drei der fünf Modellregionen mit:
»NEW 4.0: Norddeutsche EnergieWende«
Das Schaufenster »NEW 4.0« in Schleswig-Holstein und Hamburg soll zeigen, dass die Region bereits 2025 sicher und effizient mit 70% regenerativer Energie versorgt werden kann.
»C/sells: Großflächiges Schaufenster im Solarbogen Süddeutschland«
Das Schaufenster »C/sells« in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen hat den Schwerpunkt »Solarenergie«. Im Fokus steht die regionale Optimierung von Erzeugung und Verbrauch.
»WindNODE: Das Schaufenster für intelligente Energie aus dem Nordosten Deutschlands«
Das Schaufenster »WindNODE« umfasst die fünf ostdeutschen Länder und Berlin. Ziel ist eine effiziente Einbindung von erneuerbarer Erzeugung in einem System aus Strom-, Wärme- und Mobilitätssektor.
NEW 4.0: Norddeutsche EnergieWende
In größerem Umfang ist das Fraunhofer IWES in Kassel im Schaufensterprojekt »NEW 4.0: Norddeutsche EnergieWende« beteiligt, das die Kernherausforderungen der Energiewende mit einer Doppelstrategie lösen will: Die Steigerung des Stromexports in andere Regionen durch effiziente Nutzung und Ausbau der Energieinfrastruktur sowie innovative Netztechnologien in der Region, ferner durch die Erhöhung der energetischen Selbstverwertungsquote für regionale, regenerative Erzeugungspotenziale mit Hilfe konsequenter Sektorenkopplung.
NEW 4.0 legt den Entwicklungspfad zu dem Ziel, die Region bereits 2025 zu 70 Prozent sicher und zuverlässig mit regenerativem Strom zu versorgen. Gleichzeitig soll regenerativ erzeugter Strom sukzessive für die Wärmeversorgung und für industrielle Prozesse, die bislang mit fossilen Energien wie Gas betrieben wurden, verwendet werden: Aus der »Stromwende« soll in Schleswig-Holstein und Hamburg eine Energiewende werden. Hierbei kommen verschiedene Speicher, Technologien wie Power-to-Heat, Power-to-Gas und neue Systeme in industriellen Prozessen (Power-to-Product) zum Einsatz. Zudem soll die marktorientierte Integration mithilfe weiterentwickelter Marktregeln auf Basis einer regulatorischen »Experimentierklausel« erprobt werden: Die Ergebnisse zur Wirksamkeit eines zukünftigen Rechtsrahmens kann wertvolle Erkenntnisse für die Bundespolitik zur Entwicklung des zukünftigen Marktdesigns liefern.
Die Kasseler Fraunhofer-Forscher werden im Rahmen des Projekts New 4.0 ihre Modelle von heutigen und zukünftigen Energieversorgungsstrukturen mit aktivierbaren Flexibilitäten sowie IT-Strukturen zur Aggregation verteilter, erneuerbarer Erzeugung, sogenannte virtuelle Kraftwerke, anpassen und weiter entwickeln. Insbesondere der Interaktion mit dem Außenraum wird hierbei Rechnung getragen: »In der Integration der virtuellen Kraftwerke in Markt- und Netzbetriebsmechanismen und die Konzeption der dabei zugrundeliegenden Datenstrukturen und -austauschkonzepte ist die konsequente Fortführung der Energiewende aus informationstechnischer Sicht«, so der Leiter der Abteilung Energieinformatik und Informationssysteme Dr. Reinhard Mackensen.
Für die bestmögliche Integration fluktuierender Energieerzeuger sind Forschungsarbeiten für einen verbesserten Netzbetrieb durch die Optimierung der Engpassbewirtschaftung sowie deren Analyse und Auswirkung auf die Netzausbauplanung geplant. Insbesondere die netzbetriebliche Umsetzung der »gelben Ampelphase« zur Engpassbeiseitigung durch Nutzung von Flexibilitäten dezentraler Anlagen über eine Marktplattform steht im Fokus der netztechnischen Aufgabenstellungen. Prof. Dr. Martin Braun, Leiter der Abteilung Betrieb Verteilungsnetze, ist sicher: »Eine optimierte Betriebsweise von Verteil- und Übertragungsnetzen in Kombination mit einer effizienten Netzplanung sind wichtige Bausteine, um die Energiewende effizient umzusetzen.« Die Kombination dieser verschiedenen Forschungskompetenzen des IWES liefert so einen wesentlichen Beitrag zu dem Verbundprojekt New 4.0. Zur Analyse und Demonstration des Gesamtsystems und der Wechselwirkungen verschiedener Betriebsführungen wird die Test- und Simulationsplattform OpSim eingesetzt (www.opsim.net).
C/sells: Großflächiges Schaufenster im Solarbogen Süddeutschland
In mittleren Umfang arbeitet das Fraunhofer IWES in Kassel auch in »C/sells: Großflächiges Schaufenster im Solarbogen Süddeutschland« mit. C/sells entstand auf Initiative der Smart Grids-Plattform Baden-Württemberg e.V., der Forschungsstelle für Energiewirtschaft e.V. München und des Energieversorgers EAM und umfasst Demonstrationsbausteine aus Baden-Württemberg, Bayern und Hessen. Im C/sells-Konsortium haben sich Partner aus den Bereichen Energiedienste und Netze, Betreiber und Hersteller, Wissenschaft und Transfer zusammengefunden. Dr. Albrecht Reuter von Fichtner zusammen mit seinem Stellvertreter Dr. Ole Langniß leiten C/sells.
C/sells wird demonstrieren, wie die intelligente Energieversorgung der Zukunft aussieht: zellulär, vernetzt, partizipativ, nachhaltig und komfortabel. Mit einem Projektvolumen von ca. 100 Mio. € werden dazu rund 50 Partner aus Industrie, Energiewirtschaft und Wissenschaft innerhalb der nächsten vier Jahre dezentral verbundene Energiesysteme in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen demonstrieren. Bereits heute wird etwa die Hälfte der solaren Stromerzeugung in Süddeutschland produziert und in vielfältigen Anwendungen eingesetzt. Die mittelständisch geprägte Industrie und auch die aktiven Haushalte sind dankbare Abnehmer und oft auch findige Veredler dieses Solarstromes. Gerade deshalb macht es Sinn, diese Region als Vorbild für Lösungen in ganz Deutschland zu sehen und zur Modellregion für die dezentrale Energiewende zu etablieren.
Das Fraunhofer IWES in Kassel ist einer der 50 Projektpartner von C/sells und wird mit einem Energiemanagementsystem elektrische und thermische Anlagen mit den Möglichkeiten der neuen intelligenten Messsysteme verknüpfen, die in Zukunft gesetzlich verbindlich zum Einsatz kommen (Smart Metering). »Wir wollen eine Plattform bereitstellen, mit der die speziellen Anforderungen jedes Gebäudes beim Energiemanagement sehr effizient umgesetzt und individuelle Mehrwertdienste beim Smart Metering angeboten werden«, so Dr. David Nestle, Projektleiter am Fraunhofer IWES in Kassel.
Am Flughafen Stuttgart wird mittels des Betriebssystems OGEMA für automatisiertes Energie und Gebäudemanagement (ogema.org) ein Flexibilitätsmanagement praktisch erprobt. In der IKT-Siedlung Hohentengen wird diese Energiemanagement-Lösung die Regelungstechnik der Energieerzeugungsanlagen und die Steuerung der Verbraucher übernehmen. In Wolfhagen sollen strom-wärme-gekoppelte Anlagen der Liegenschaftsversorgung in ein virtuelles Kraftwerk eingebunden werden.
»Eine weitere wichtige Fragestellung ist die Umsetzung der vertikalen und horizontalen Regelungskaskade über verschiedene Netzbetreiber auf allen Netzebenen. Geeignete Schnittstellen und ein abgestimmter Austausch von Systemdienstleistungen zwischen den Leitsystemen von benachbarten Netzbetreibern ist eine wichtige Weiterentwicklung für den zukünftigen stabilen und effizienten Netzbetrieb«, erläutert Prof. Dr.-Ing. Martin Braun, Leiter der Abteilung Betrieb Verteilungsnetze. Zur Analyse und Demonstration wird die Test- und Simulationsplattform OpSim eingesetzt (opsim.net).
WindNODE: Das Schaufenster für intelligente Energie aus dem Nordosten Deutschlands
Mit einem kleineren Arbeitspaket ist das Fraunhofer IWES in Kassel auch in den Projekten »WindNODE: Das Schaufenster für intelligente Energie aus dem Nordosten Deutschlands« vertreten.
Rund 50 Verbundpartner werden insgesamt vier Jahre lang an gemeinsamen Lösungen arbeiten, um große Mengen erneuerbarer Energie möglichst effizient in die Stromnetze zu integrieren. WindNODE umfasst alle sechs ostdeutschen Bundesländer inklusive Berlin und steht unter der Schirmherrschaft der sechs Regierungschefs. Die Region ist schon heute der bundesweite Vorreiter für erneuerbare Energien – rund die Hälfte des Stromverbrauchs stammt hier bereits aus Wind, Sonne und anderen erneuerbaren Quellen.
Neben dem Verbundkoordinator 50Hertz kümmern sich die Unternehmen Siemens und Stromnetz Berlin sowie die Wirtschaftsförderer Berlin Partner, Energy Saxony und Zu-kunftsAgentur Brandenburg um die strategische Lenkung von WindNODE. Beteiligt sind neben Energieversorgern, Netzbetreibern und High-Tech-Spezialisten auch Unternehmen des Automobilbaus, der Ver- und Entsorgung, der Wohnungswirtschaft und des Einzelhandels sowie mehrere Universitäten und Forschungsinstitute aus der Region. Die drei Unternehmensvertreter aus dem Lenkungskreis, Dr. Dirk Biermann (50Hertz Transmission GmbH), Dr. Frank Büchner (Siemens AG) und Dr. Erik Landeck (Stromnetz Berlin GmbH), betonen die Bedeutung des Verbundprojekts: »Niemand kann die Energiewende alleine zum Erfolg führen. WindNODE bietet eine hervorragende Plattform, um gemeinsam mit einer Vielzahl beteiligter Partner die neuen, intelligenten Lösungen für das Energiesystem der Zukunft zu entwickeln und zu erproben.« WindNODE wird den Projektauftakt am 26.01.2017 mit einem Konsortialtreffen in Berlin setzen.
Aufgaben des Fraunhofer IWES im Rahmen von WindNODE sind die Bewertung von Anlagenkonzepten und die Beurteilung von IT-Sicherheitsmechanismen. Dazu entstehen in Kooperation mit den Verbundpartnern verbesserte Lastprognosen auf Basis von Daten, die durch Smart-Meter erhoben werden. Die Chancen, die in der Verwertung dieser Smart-Meter-Daten liegen, beurteilt der Projektleiter Dr. Reinhard Mackensen überaus positiv: »Die genaue Kenntnis des Energieverbrauchs und damit dessen Prognostizierbarkeit wird einen wertvollen Beitrag zur Flexibilisierung und zum sicheren Betrieb unseres Energiesystems liefern.« Die Prognosen auf Basis maschineller Lernverfahren werden in eine IT-Plattform integriert und stehen so als Dienst zur Verfügung.
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