Werner Kleinkauf – ein Pionier der Energiewende vollendet 80. Lebensjahr
Die Anfänge der heutigen Energiewende liegen über 40 Jahre zurück. Einer der Pioniere ist Prof. Dr. Werner Kleinkauf, der Anfang der 70er Jahre bei der DLR mit der Forschung und Entwicklung zur Nutzung der erneuerbaren Energien begann und ab 1976 an der Universität Kassel fortsetzte, 1981 Mitbegründer der heutigen SMA Solar Technology AG und 1988 Gründer des heutigen Fraunhofer IEE war. Als einer der ersten erkannte er die Bedeutung der Systemforschung für eine stabile und sichere Stromversorgung mit Wind- und Solarenergie und zitierte dafür immer wieder den griechischen Philosophen Aristoteles: »Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile«. Schwerpunkte seiner Forschungsarbeit waren Regelungstechnik, Leistungselektronik, Stromrichtertechnik und Energiesystemtechnik.
Prof. Dr. Werner Kleinkauf vollendete am 13. Januar 2019 sein 80. Lebensjahr. Er studierte nach Abitur und Bundeswehr an der TU Braunschweig Elektrotechnik und arbeitete von 1969 bis 1976 am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt DLR in Braunschweig und Stuttgart. Dort leitete er das »DLR-Programm für Energieversorgung« und den Teil »Energiequellen für morgen?« einer großen von der Bunderegierung beauftragten Studie, und war Mitbegründer des DLR-Bereichs »Energetik«. 1976 wurde Kleinkauf auf die Professur »Energieelektronik« der damaligen Universität Gesamthochschule Kassel berufen.
Wissenschaftler mit anwendungsorientiertem Weitblick
Mit verschiedenen Projekten zur Nutzung der Wind- und Solarenergie wuchs der Drittmittelbereich seines neu gegründeten Fachgebiets »Elektrische Energieversorgungssysteme« schnell an. Dem jungen Professor war es dabei besonders wichtig, neben den grundlegenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, auch anwendungsorientierte neue Konzepte sowie Mess- und Regelungssysteme zu entwickeln. Beispielsweise das elektrische Generatorkonzept und die Regelung für die erste deutsche große Forschungs-Windenergieanlage GROWIAN. Obwohl diese Anlage an mechanischen Problemen scheiterte, sind das Generator- und Regelungskonzept erfolgreich in die späteren kommerziellen Megawatt-Windenergieanlagen eingeflossen. Für die Photovoltaik erkannte Kleinkauf früh die Bedeutung der Leistungselektronik und die Stromrichtertechnik als Verbindungsglieder für die vielen dezentralen Erzeugungseinheiten in einem erneuerbaren Energiesystem und die Einbindung von Speichern. Er startete Entwicklungen für die Adaption der damals marktbeherrschenden Thyristorgeräte aus der industriellen Antriebstechnik sowie die Entwicklung von neuen Stromrichterkonzepten mit modernen Transistoren, hohen Schaltfrequenzen, geringerem Gewicht und höheren Wirkungsgraden.
Forscher mit Unternehmergeist
Zusammen mit drei seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter gründete Kleinkauf 1981 die als Ingenieurbüro ausgerichtete »SMA Regelsysteme GmbH«. Als Teilhaber, Mentor und Berater begleitete er fortan die schnell wachsende Firma. Der Mut des jungen Unternehmens zur Entwicklung und Fertigung von eigenen elektronischen Mess-, Steuerungs- und Regelungssystemen auf Basis der gerade aufkommenden Mikroprozessortechnik wurde mit steigenden Absätzen in der Wind- und Solarenergie aber auch der elektrischen Versorgung von grenzüberfahrenden Personenzügen in Europa belohnt. Es folgten Entwicklungen und die Produktion von Industrie-Computern und Wechselrichtern »made by SMA in Niestetal« bei Kassel. Mit dem 100.000-Dächer-Photovoltaik-Programm der deutschen Bundesregierung in den 90er Jahren startete das Unternehmen mit neuen Entwicklungen durch, die sich durch geringere Kosten, höhere Effizienz und umfassenden Service auszeichneten, und avancierte zum heutigen Weltmarktführer für Photovoltaik-Wechselrichter mit rund 3300 Mitarbeitern, der »SMA Solar Technology AG«. Kleinkauf begleitete das Unternehmen viele Jahre als Berater und Aufsichtsratsmitglied.
»Gründervater« für heutiges Fraunhofer-Institut IEE
Zwischen universitärer Lehre und Forschung und der industriellen Umsetzung in Innovationen fehlte für Kleinkauf aber noch ein Bindeglied der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung, in dem sowohl langfristige neue Technologien und hochqualifizierter Nachwuchs heranreifen. Zusammen mit dem hessischen Wissenschaftsministerium entwickelte er ein Konzept für ein anwendungsorientiertes auf die Systemtechnik zur Nutzung der erneuerbaren Energien ausgerichtetes Institut, das sich mit nur einer geringen festen Grundfinanzierung als selbstständiges Institut erfolgreich im Forschungsmarkt etablieren kann.
1988 wurde das Institut für Solare Energieversorgungstechnik ISET auf Initiative und unter der Leitung (1988 - 1998) von Prof. Dr. Werner Kleinkauf vom Land Hessen mit Unterstützung der Stadt Kassel als eigenständiges An-Institut der Universität Kassel gegründet. 2009 wurde das Institut unter der Leitung (1998 - 2012) von Prof. Dr. Jürgen Schmid (2013 verstorben) als einer von zwei Institutsteilen des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik IWES in die Fraunhofer-Gesellschaft aufgenommen. Aus dem Institutsteil Energiesystemtechnik des Fraunhofer IWES ist 2018 das neue eigenständige Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE in Kassel hervorgegangen. Der heutige Institutsleiter Prof. Dr. Clemens Hoffmann und seine Stellvertreter Prof. Dr. Kurt Rohrig und Dr. Philipp Strauß sind sich im Rückblick einig: »Prof. Kleinkauf hat schon in den 70er Jahren die bedeutende Rolle und das Potenzial der erneuerbaren Energien für die zukünftige nachhaltige Energieversorgung erkannt. Mit seinen Arbeiten und Ausgründungen ist er ein Pionier für die moderne, zuverlässige und saubere Energiebereitstellung und stabile Stromversorgung.«
Stifter für die Wissenschaft
Seinen monetären Erfolg hat Prof. Kleinkauf in eine 2011 zusammen mit seiner Familie gegründete Stiftung eingebracht. Die »Wissenschafts-Stiftung Kleinkauf« fördert Wissenschaft und Forschung und dabei insbesondere die Erforschung und Verbreitung nachhaltiger, klima- und umweltschonender Energiesysteme. Mit Hilfe der Stiftung konnte u. a. eine neue Professur für Dezentrale Energiewirtschaft an der Universität Kassel geschaffen und zwei Wissenschaftlerstellen für den Forschungsschwerpunkt Integrierte Energiesysteme an der Universität Kassel finanziert werden.
Blick nach vorn
Auf die Frage was in Zukunft noch zu tun ist sagt Prof. Kleinkauf: »Jetzt wo die erneuerbaren Energien wirtschaftlich geworden sind, die Globalisierung nicht aufzuhalten ist und das Zeitalter der Digitalisierung noch stärkere Verknüpfungen zwischen Technik und Wirtschaft hervorrufen wird, ist diese Kombination in einem Forschungsinstitut sehr vielversprechend und zukunftweisend. – Einen generellen Hinweis möchte ich noch anfügen: Schon bei Beginn der Beschäftigung mit den erneuerbaren Energien entstand für mich die Überzeugung, dass diese Energiequellen – aufgrund ihrer regionalen Verfügbarkeit – auch hervorragend geeignet sind, Entwicklungshilfe im besten Sinne des Wortes zu leisten. Ich glaube, dass z.B. die Probleme des afrikanischen Kontinents die Industrienationen »zwingen« werden, sich entsprechend zu engagieren. Je früher man sich, aus dem Blickwinkel von Wirtschaftsentwicklung und Technik damit beschäftigt, desto hilfreicher wird es für beide Seiten sein. Das Fraunhofer IEE hat beste Voraussetzungen im Bereich der Energieversorgung dafür Pionierarbeit zu leisten.«
Ehrungen und Auszeichnungen
Bundesverdienstkreuz am Bande: Im Jahr 2000 wurde Prof. Werner Kleinkauf, Gründungsvater des Instituts für Solare Energieversorgungstechnik (ISET) und Vorreiter auf dem Gebiet der Systemtechnik für die Nutzung regenerativer Energien, vom Bundespräsidenten für seine langjährigen wissenschaftlichen Verdienste mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.
Ehrenmedaille des VDI 2002: Auszeichnung für besondere Verdienste
Europäischer Solarpreis 2006: Für sein engagiertes Wirken für die Forschung zur Nutzung erneuerbarer Energien und vor allem für seine Erkenntnisse in Bezug auf ein dezentrales Energiesystem, das zur Zeit aktueller denn je ist, wurde Prof. Kleinkauf mit dem Europäischen Solarpreis 2006 geehrt.
Ehrensenatorenwürde der Universität Kassel: 2012 würdigte die Universität Kassel mit ihrer höchsten Auszeichnung Prof. Dr.-Ing. Werner Kleinkauf als erfolgreichen Wissenschaftspionier, als Gründervater, Unternehmer und als Stifter. »Wir sind glücklich, mit Prof. Kleinkauf einen so außergewöhnlichen und positiv mit der Universität Kassel verbundenen Wissenschaftler, Freund und Förderer in unseren Reihen zu wissen. … Als Wissenschaftler mit international herausragendem Ruf, als Leiter des Fachgebiets Elektrische Energieversorgungssysteme und engagierter Hochschullehrer ist Prof. Kleinkauf ein Glücksfall für unsere Universität.«, so der damalige Universitätspräsident Prof. Dr. Rolf-Dieter Postlep anlässlich der Verleihung.
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