Forscher entwickeln neuartige Stromrichter für den netzdienlichen Betrieb von Elektrolyseuren
Mittelfristig sollen in Deutschland wie weltweit große Elektrolyse-Kapazitäten aufgebaut werden. Dafür bedarf es neuartiger Stromrichter, die nicht nur den Anforderungen leistungsstarker Elektrolyseure, sondern auch denen der Stromnetze gerecht werden. Solche Stromrichter entwickelt das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) jetzt zusammen mit Partnern im H₂Giga-Projekt HyLeiT. Besonderes Gewicht liegt dabei auf der Systemintegration der Konverter. Ziel des Projektes ist es, die Kosten gegenüber dem Stand der Technik zu halbieren, eine hohe Gleichstrom-Qualität zu gewährleisten und den netzdienlichen Einsatz von Elektrolyseuren zu ermöglichen.
Als Koordinator von HyLeiT arbeitet das Fraunhofer IEE in diesem Projekt mit SMA, Infineon, der TU Dresden und der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg zusammen. Das Vorhaben hat eine Laufzeit von 4 Jahren. Es wird vom Bundesministerium für Forschung und Bildung finanziert.
HyLeiT ist Bestandteil des von der DECHEMA koordinierten Leitprojekts H2Giga. Es zielt darauf, die Serienfertigung von Elektrolyseuren voran zu bringen. „Innerhalb von H2Giga trägt HyLeiT besonders zu den Themen, Netzintegration und der elektrischen Systemtechnik von Elektrolyseuren bei“, sagt Dr. Philipp Strauß stellvertretender Institutsleiter des Fraunhofer IEE, der das H₂Giga-Projekt HyLeiT gemeinsam mit Dr. Norbert Henze koordiniert.
Modellierung des Netzes und der Elektrolyseure
Im Rahmen von HyLeiT entwickeln die Experten zunächst Labormuster von Stromrichtern. Infineon steuert dazu neuartige Halbleiter bei, die für den Einsatz in Konvertern tauglich gemacht werden. Sie werden den Anforderungen der Elektrolyseure wie des Stromnetzes besser gerecht als die klassischen Thyristor-Halbleiter.
Um die Stromrichter im Systemkontext testen und optimieren zu können, erstellen die Fraunhofer-Forscher echtzeitfähige Simulationsmodelle des Stromnetzes sowie der Elektrolyse-Stacks. Dabei berücksichtigen sie auch die Alterung der Elektrolyseure, da diese im Laufe ihres Lebenszyklus das elektrische Verhalten verändern. Das muss bei der Auslegung der Stromrichter berücksichtigt werden.
Diese Modelle fließen anschließend in eine „Hardware in the Loop“-Plattform ein. Damit testen die Wissenschaftler die entwickelten Stromrichterkonzepte an allen gängigen Elektrolysetechnologien. Im Fokus stehen dabei die Wechselwirkungen des Stromrichters sowohl mit den Elektrolyse-Stacks als auch mit dem Stromnetz. „Als Verbindungsglied zwischen Elektrolyseur und Netz hat der Stromrichter eine zentrale Bedeutung für die Energiewende. Deshalb ist es unabdingbar, bei Entwicklung und Optimierung der Stromrichter das Gesamtsystem in den Blick zu nehmen“, sagt Henze.
Stromrichter ermöglichen netzdienliche Elektrolyse
Das Forscherteam erwartet, dass es im Vorhaben gelingen wird, die Systemkosten der Elektrotechnik vom Netzanschlusspunkt bis zum Gleichstromanschluss am Elektrolyseur gegenüber dem Stand der Technik zu halbieren. Zur Reduktion der Kosten trägt vor allem eine modulare und standardisierte Fertigung der Stromrichter unter Verwendung optimierter Halbleiterbauelemente bei. Dank neuer schaltungstechnischer Verfahren der Stromrichter können zudem passive Komponenten wie etwa Kühlkörper kleiner ausfallen.
Ein weiteres Ziel des H₂Giga-Projekts HyLeiT ist, die Stromrichter so zu gestalten, dass sich die Elektrolyseure netzdienlich verhalten können. Eine entsprechende Auslegung vorausgesetzt, sollen sie künftig gar aktiv zur Stabilisierung der Netze beitragen, indem sie kurzfristig auf kritische Netzsituation reagieren.
Nicht zuletzt zielt das Projekt auch darauf, die Gleichstrom-Qualität für den Elektrolyseur zu verbessern, insbesondere in dynamischen Betriebssituationen. Das erhöht die Zuverlässigkeit und Sicherheit und verlängert zudem die Lebensdauer der Anlage.
Neubau bietet beste Bedingungen für HyLeiT
Die Fraunhofer-Forscher profitieren in diesem Projekt von der technischen Ausstattung, die der Neubau des Instituts in Kassel bietet. „Das neue Gebäude bietet uns ideale Bedingungen. Uns steht dort unter anderem ein Gase-Labor zu Verfügung, in dem wir Stacks aufbauen können, sowie ein bestens ausgestattetes Labor für die Leistungselektronik und die Netzintegration“, sagt Strauß. Der Neubau soll Ende 2021 bezogen werden.
Das Fraunhofer IEE beschäftigt sich schon seit vielen Jahren mit Fragen der Netzintegration elektrischer Anlagen und Systeme. Zudem verfügen die Forscher über viel Kompetenz und Erfahrung in der Modellierung, etwa in der Simulation von Batteriezellen.
Über die Wasserstoff-Leitprojekte:
Die Wasserstoff-Leitprojekte bilden die bisher größte Forschungsinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) zum Thema Energiewende. In den industriegeführten Leitprojekten entwickeln Wirtschaft und Wissenschaft gemeinsam Lösungen für die deutsche Wasserstoffwirtschaft: Serienfertigung von großskaligen Elektrolyseuren (H2Giga), Erzeugung von Wasserstoff auf See (H2Mare), Technologien für den Transport von Wasserstoff (TransHyDE).
Die BMBF-geförderten Wasserstoff-Leitprojekte sind das Ergebnis eines Ideenwettbewerbs: Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft waren eingeladen, Ideen zu Wasserstoff-Großprojekten einzureichen. Über 240 Partner haben sich so zusammengefunden und sollen mit insgesamt etwa 740 Millionen Euro gefördert werden. Die Leitprojekte werden über eine Laufzeit von vier Jahren gefördert.
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