Im Zuge der Energiewende in Deutschland müssen die Stromnetze um- und ausgebaut werden, um die Veränderungen in der Stromerzeugungsstruktur netzseitig zu ermöglichen und eine gleichbleibende Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Das Stromübertragungsnetz steht vor folgenden Herausforderungen:
- Stromtransporte (insbesondere Windenergie) vom Norden und Osten in die Lastschwerpunkte im Süden und Westen Deutschlands,
- Transite durch europäischen Stromhandel,
- weiter voranschreitender Ausbau und überwiegender Anschluss von EE-Anlagen in den Verteilnetzen und damit weitere Dezentralisierung der Stromerzeugung,
- deutlicher Ausbau- und Innovationsbedarf zur Vermeidung von Überlastungen der Netzbetriebsmittel und Verletzungen der Spannungsgrenzen.
Vor diesem Hintergrund gilt es zu überprüfen, wie der sichere Betrieb des Stromversorgungssystems unter den neuen Voraussetzungen organisiert werden kann. Konventionelle Kraftwerke, die heute noch überwiegend die SDL-Vorleistungen für den stabilen Netzbetrieb bereitstellen, werden zukünftig in immer weniger Stunden am Netz sein. Es stellt sich die Frage, wie sich der Umfang, die Art und die Bereitstellung dieser Vorprodukte zur Sicherstellung ausgewählter SDL-Spannungshaltung und -Betriebsführung ändern müssen.
Die Umsetzung des Projektes SysDL 2.0
Dazu sind im Forschungsprojekt die theoretischen Grundlagen, Ausprägung als zweistufiges Konzept, zu legen.
In der Stufe 1 werden Algorithmen entwickelt, wie und welche der selektierten SDL- Vorleistungen (Spannungshaltung, Blindleistungsreglung und Redispatch als Element der Betriebsführung) generiert und über die heterogene Versorgungsnetztopologie des VNB zum Anforderungspunkt transportiert werden können. Die Ermittlung von Bedarf und Potential in dedizierten Netzgebieten beziehen sich im Grundsatz auf konkrete Use Cases der Netzbetreiber.
Auf diesen Grundlagen werden Systemmodelle zur Überwachung bzw. Steuerung der Erzeuger, Verbraucher sowie Speicher und Betriebsmittel abgeleitet (Modi U/Q/P) und im Rahmen von Software- und Hardware-in-the-Loop einer Echtzeitsimulationen unterzogen. Die erforderlichen „Steuerinstrumente“ des SysDL 2.0-Koordinators sollen mit bestehenden Betriebsführungswerkzeugen eines Netzbetreibers (Fernwirktechnik und Netzleittechnik) bzw. durch Modifikation der heute bereits installierten Steuereinrichtungen für Anlagen zur Stromerzeugung (§ 6 i. V. mit § 11 EEG) konzipiert, entwickelt und kombiniert werden. Ein Demonstrator soll in einem anschließenden Feldversuch die Übertragbarkeit der Simulationsergebnisse auf eine Konstellation mit mindestens drei korrespondierenden ÜNB-Anschlusspunkten praktisch nachweisen.
In Stufe 2 werden zukünftige Anforderungen (10-20 Jahre) innerhalb der Regelzone 50 Hertz, alternativ: synthetische Netzmodelle der Netzbetreiber, modelliert. Anhand von Zubauszenarien wird ebenfalls SDL-Vorleistungsbedarf und -Potential eruiert. Die Robustheit der entwickelten Algorithmen auf weitere vergleichbare Netzgruppen ist anhand von zu bildenden Netzklassen nachzuweisen.
Weitere ergänzende Bausteine der Untersuchungen im Rahmen des Forschungsprojektes sind:
- Technische (einschl. IKT-) Anforderungen an die Steuerbarkeit im Rahmen von SysDL 2.0, - AP1-2
- Widerstandsfähigkeit gegenüber Störungen (Resilienz),
- Konzepte zur Integration von SysDL 2.0 in die Systemstabilisierungsstrategien der ÜNB bzw. Aufgabenabgrenzung und Schnittstellen zwischen dem ÜNB und den VNB sowie zwischen den VNB und den nachgelagerten Stadtwerken,
- Untersuchungen der Wechselwirkungen zwischen den gekoppelten Netzebenen
- Technische Integration der EZA in SysDL 2.0,
- Ableitung von Prämissen für die involvierten Marktrollen und deren Geschäftsmodelle,
- Möglichkeit der Integration von SysDL 2.0 in das gegenwärtig diskutierte BDEW-Ampelkonzept-Roadmap,
- Skalierbarkeit von SysDL 2.0 innerhalb Deutschlands bzw. Betrachtung der europäischen Konformität