Lithium-Ionen Batterien finden sich heutzutage in einer Vielzahl von Geräten, Anlagen und Fahrzeugen wieder. Für einen sicheren und schonenden Betrieb verfügen diese über Batteriemanagementsysteme (BMS), welche zur Überwachung der einzelnen Zellen auf immer ausgefeiltere Diagnosealgorithmen zurückgreifen. Aus Zeit und Kostengründen setzen deren Hersteller in ihren Entwicklungs- und Erprobungsprozessen auf den Einsatz von Computersimulationen und Hardware-In-The-Loop Testständen (HIL).
Im Rahmen des Projekts ZSim – Hochdynamisches Batteriemanagement-Testsystem mit echtzeitfähiger Impedanzsimulation wurde ein HIL, welcher die Impedanz von Batteriezellen über den gesamten, für die erwähnten Diagnoseverfahren relevanten, Frequenzbereich präzise nachbilden kann entwickelt, um der Industrie ein Leistungsfähiges Werkzeug für Test und Erprobung zukünftiger BMS-Genrationen zur Verfügung stellen zu können. Neben einer genauen Messung bzw. Regelung von Strom und Spannung an den Ausgangsklemmen der Emulationskanäle auf sehr kurzen Zeitskalen erfordert dies extrem schnelle und gleichzeitig präzise Zellmodelle. Dem Fraunhofer IEE oblag die Erstellung, Parametrierung, Erprobung und Integration eines solchen Modells auf speziellen Zellemulatoren, deren Entwicklung parallel durch die Firma Micronova erfolgte. Aufgrund der besonderen Anforderungen gliedert sich dieses in zwei Teile. Ein sehr präzises elektrochemisch/physikalisches Modell, welches das Verhalten von Lithium-Ionen Zellen über deren gesamten Betriebsbereich und Lebenszyklus hochpräzise nachbilden kann, aber auf aktueller Computerhardware zu langsam läuft, simuliert alle Vorgänge die auf vergleichsweise großen Zeitskalen oberhalb von etwa 10 Millisekunden ablaufen, während ein Ersatzschaltbildmodell (ESB-Modell), welches extrem schnell auf einem Field Programmable Gate Array (FPGA) berechnet werden kann, aber nur in einem sehr schmalen Betriebsfenster genaue Ergebnisse liefert, die schnellen Prozesse abbildet. Dies erforderte zunächst eine Optimierung des bestehenden elektrochemisch/physikalischen Lithium-Ionen Zellmodells der Software Battery Simulation Studio (BaSiS) des Fraunhofer IEE bezüglich der Rechengeschwindigkeit und Parallelisierbarkeit, insbesondere durch die Entwicklung eines hybriden Algorithmus zur numerischen Lösung der zugrundeliegenden Diffentialgleichungen. Anschließend wurde ein echtzeitfähiges Verfahren entwickelt und in BaSiS implementiert, mit dessen Hilfe in jedem beliebigen Betriebspunkt Parameter für ein ESB aus einer Reihenschaltung einer Induktivität, eines Widerstands und einer, in weiten Bereichen frei wählbaren Anzahl von RC-Gliedern erzeugt werden können. Hierdurch ist es möglich das ESB auf dem FPGA in Schritten von wenigen Millisekunden neu zu parametrieren und dadurch dessen Betriebsfenster laufend an den aktuellen Zustand der simulierten Zelle anzupassen.
Parallel zu diesen Arbeiten fanden umfangreiche Messungen und Studien an Batterien des Typs INR18650-MJ1 des Herstellers LG statt. Diese dienten einerseits als Grundlage zur Erweiterung des elektrochemisch/physikalischen Modells um die wesentlichen Alterungseffekte in Lithium-Ionen Zellen und andererseits der Bestimmung eines vollständigen Parametersatzes sowie der Gewinnung von Referenzdaten für Test und Validierungszwecke der verschiedenen Ebenen des Gesamtsystems.