UrbanGroundHeat entwickelt Leitfäden als Hebel für geothermische Wärmeversorgung in städtischen Quartieren
Unter der Erde ist es warm. Diese Energiequelle in großem Stil für das Heizen von Häusern und Wohnungen zugänglich zu machen, ist Aufgabe des neuen Forschungsprojektes UrbanGroundHeat. Geothermie ist CO2-frei und in Deutschland an vielen Stellen einfach erschließbar, wurde bisher aber aus rechtlichen und ökonomischen Gründen noch nicht in der Breite erschlossen. Durch die Energiekrise haben sich die Randbedingungen verändert. Eine Kooperation von Wissenschaft und Wirtschaft unter Führung des Fraunhofer-Instituts für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik IEE will nun Stadtwerken, Städten und Kommunen die Nutzung der Geothermie erleichtern.
Um die Klimaziele zu erreichen, muss Deutschland nicht nur seine Strom-, sondern auch seine Wärmeversorgung auf CO2-freie Energien umstellen. Viele Hauseigentümer suchen daher nach Alternativen zur fossilen Gas- oder Ölheizung. Die Erschließung oberflächennaher Geothermie ist technisch erprobt, aber bei der Installation einer neuen Heizungsanlage noch oft nicht erste Wahl. Um die Nutzung von Erdwärme für Heizung, Warmwasser und Klimatisierung zu vereinfachen, entwickeln Forscher des Fraunhofer IEE mit weiteren Partnern im Projekt UrbanGroundHeat einheitliche Handreichungen, Planungsmethoden und Umsetzungsstandards. Dabei werden in Modellrechnungen die bisherigen Erfahrungen von Wirtschaft, Wissenschaft, Rechtsexperten und Versorgern abgebildet.
„Die Wärmewende ist ein zentraler Baustein auf dem Weg zum klimaneutralen Deutschland. CO2-freie Heizungstechnologien kommen bisher vor allem bei Neubauten zum Einsatz. Dabei ist das Potenzial sehr groß: Bis zu 75 Prozent des Raumwärme- und Warmwassersbedarfs könnten in unserem Land über Erdwärmpumpen gedeckt werden. Um den Gebäudebestand in unseren Städten mit Wärme aus der Geothermie zu versorgen, müssen aber noch einige Hürden überwunden werden,“ erläutert Projektleiter Dietrich Schmidt, Fraunhofer IEE die Zielsetzung von UrbanGroundHeat.
UrbanGroundHeat wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz mit rund 2 Millionen Euro gefördert. Rund 700.000 Euro werden zusätzlich durch Partner aus der Wirtschaft eingebracht. Industriepartner sind die Stadtwerke SH, Trianel, GASAG Solution Plus, Stadtwerke Solingen und die GGEW Bergstraße. Unterstützt wird die Arbeit der Forschungsorganisationen ISFH, Stiftung Umweltenergierecht und den Fraunhofer-Instituten IEG und IEE zudem von den Stadtwerken Münster und Ahlen. Verbände und politische Institutionen sind ebenfalls an den Forschungsarbeiten beteiligt.
Das Vorhaben ist am 1. Januar 2023 gestartet und läuft über drei Jahre. Die Arbeiten ergänzen das Quartiersbewertungstool EQ-City des Fraunhofer IEE um den Aspekt einer geothermischen Abdeckung des Wärmebedarfs. Konkret untersucht UrbanGroundHeat unter Berücksichtigung der geologischen und regulative Randbedingungen den technischen Einsatz von geothermischen Sole-Wasser-Wärmepumpen und Wärmepumpen in Verbindung mit Brunnenanlagen, Abwasser- und Abwärmenutzung durch Nahwärmesysteme für den Einsatz in städtischen Bestandsquartieren. Die Fallbeispiele werden mit Hilfe von Simulationsrechnungen analysiert, auf Basis derer Konzepte für eine Umstellung der Wärmeversorgung erstellt werden.
Auftakttreffen der Projektpartner Mitte Februar 2023 in Kassel
Mitte Februar 2023 hat in Kassel das Auftakttreffen aller Projektpartner stattgefunden. Der Arbeitsplan der Forscher sieht nun vor, Modelle aufzubauen, die die technischen, regulatorischen und ökonomischen Anforderungen für eine geothermische Wärmeversorgung in urbanen Quartieren abbildet. Durch Planungstools und Leitfäden soll eine weiträumige Umstellung von derzeit fossiler Wärmeversorgung vereinfacht werden.
Im Laufe der kommenden drei Jahre arbeiten die Wissenschaftler an verschiedenen Teilzielen. Im ersten Schritt geht es dabei um eine Aufnahme und Abbildung von Bestandsquartieren in den Bewertungstools. Dazu gehören die Gebäudestruktur, die geothermischen Möglichkeiten, Speicheroptionen sowie regulatorische Randbedingungen. Im zweiten Schritt werden daraus Konzepte und Machbarkeitsstudien für zwei Beispielquartiere entwickelt.
Die betrachteten Quartiersprojekte liegen im nordrheinwestfälischen Solingen und dem hessischen Bensheim an der Bergstraße. „Die Siedlungen, die wir mit UrbanGroundHeat betrachten, sind typisch für den urbanen Raum: Ein Großteil der Deutschen lebt derzeit im Geschosswohnungsbau und kleinen Ein- oder Zweifamilienhäusern. Diesen Menschen wollen wir mit Geothermie eine Alternative zur fossilen Wärmeversorgung für Heizung und Warmwasser sowie zur Klimatisierung im Sommer eröffnen,“ so Schmidt.
Im dritten Schritt werden diese Erfahrungen generalisiert. Ziel der Wissenschaftler ist es, Kommunen und Energieversorgern die Ergebnisse in Form von Checklisten und einem Werkzeugkasten für die Entwicklung weiterer Projekte anzubieten. Zudem wird die Umsetzung durch das Forscherteam begleitet: In Workshops werden die Erfahrungen der Nutzer und Stakeholder erfasst und ausgewertet.
Nationale und internationale Vernetzung zur Förderung der Geothermie
Um nicht nur in kleinem Rahmen zu agieren, soll eine systematische Analyse der Beispielliegenschaften, die Etablierung eines Begleitkreises und die Anbindung an globale Aktivitäten der Internationen Energie Agentur (IEA) die oberflächennahe Geothermie stärker in den Fokus der Öffentlichkeit bringen. Schmidt: „Durch eine enge Zusammenarbeit von Forschung und Industrie können die Erfahrungen von UrbanGroundHeat von einem sehr breiten Kreis von Anwendern genutzt werden. Zudem sind Ergebnisse auf viele städtische Quartiere in Deutschland übertragbar. Damit erhalten Energieversorger und Kommen eine valide Einschätzung, welche Geothermieprojekte in ihrem Versorgungsgebiet mit Priorität entwickelt werden können.“
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