Batterien mit metallischem Lithium: Mehr Leistung und Sicherheit durch Analyse und Simulation elektrochemischer Prozesse
Batterien mit metallischen Lithium-Elektroden versprechen höhere Energie- und Leistungsdichten. Allerdings kann es in diesen Batterien zu elektrochemischen Prozessen kommen, die ihre Sicherheit und Leistung beeinträchtigen. Das Fraunhofer-Institut für Energiewirtschaft und Energiesystemtechnik (IEE) entwickelt nun in dem vom BMWK geförderten Projekt „metaLit“ Modelle, mit denen sich diese Prozesse simulieren lassen. Die Software kann genutzt werden, um die Algorithmen in Batteriemanagementsystemen zu verifizieren. Das erspart teure, aufwändige Tests mit realen Batterien. Der Modellierung geht eine experimentelle Analyse durch das Forschungsinstitut Edelmetalle + Metallchemie (fem) voraus.
„Gerade mit Blick auf die Elektromobilität ist das Marktpotenzial von ‚Beyond Lithium Ion’-Batterien enorm groß. Denn mit einer theoretisch höheren Energie- und Leistungsdichte bekommen Elektroautos mehr Reichweite“, sagt Lars Pescara, wissenschaftlicher Mitarbeiter beim Fraunhofer IEE. „Mit unseren Modellierungen unterstützen wir Batteriehersteller und Autozulieferer, dieses Potenzial auf die Straße zu bringen.“
Dendriten können Kurzschlüsse verursachen
Der Gewinn an Energie- und Leistungsdichte durch metallische Lithium-Elektroden ist allerdings mit einigen Herausforderungen verbunden. Zunächst wächst durch die Reaktion des Lithiums mit dem Elektrolyten eine Schutzschicht an der Elektrode (Solid Electrolyte Interphase, SEI), die die Elektrode schützt. Dieser Prozess findet bei konventionellen Lithium-Ionen-Batterien ebenfalls statt. Bei der Verwendung metallischer Lithium-Elektroden (ohne stabilisierendes Gitter) wird die SEI wegen des mechanischen Stresses beim (Ent-)Laden der Batterie immer wieder aufgerissen, neugebildet und über die Zeit verdickt. Dadurch erhöht sich der Innenwiderstand und die Zellleistung wird reduziert.
Des Weiteren wächst das Lithium beim Abscheiden dendritisch. Die nadelförmigen Dendriten können den Separator in der Batterie durchdringen und einen direkten elektrischen Kontakt mit der Gegenelektrode herstellen. In der Folge kommt es zu einem Kurzschluss. Die Dendritenbildung bedeutet also ein erhebliches Sicherheitsrisiko.
Diesen Effekten sollen die Batteriemanagementsysteme (BMS) entgegenwirken: Sie haben die Aufgabe, den Betrieb der Batteriepacks so zu steuern, dass das SEI-Wachstum minimiert und die Dendritenbildung vermieden wird. Sollte es aber doch einmal zu einem Defekt kommen, sind die BMS gefordert, diesen frühzeitig zu identifizieren. So können betroffene Batterien ausgetauscht werden, bevor sie ein Sicherheitsrisiko darstellen.
Für diese Aufgaben nutzen die BMS komplexe Algorithmen, die aus makroskopischen Messgrößen der Batterie wie Strom, Spannung und Temperatur auf ihren Zustand schließen.
Modelle ersetzen aufwändige Messungen mit realen Batterien
Um den Betrieb optimieren und beschädigte Batterien erkennen zu können, müssen die Algorithmen der BMS sorgfältig trainiert und verifiziert werden. Dies kann mithilfe realer Batterien geschehen, die unter unterschiedlichen Bedingungen betrieben werden. Hierzu zählen sowohl unterschiedliche Temperaturen als auch unterschiedliche Lasten, die die verschiedene klimatischen und Wetterbedingungen sowie Nutzungsszenarien abbilden.
Die Erhebung experimenteller Messdaten hat jedoch ihren Preis: hohe Kosten für die Laborinfrastruktur, das Fachpersonal und die Sicherheitstechnik, ein hoher Zeitaufwand der Messungen und nur eingeschränkte Reproduzierbarkeit und damit Zuverlässigkeit der Resultate.
Daher erarbeitet das Fraunhofer IEE im „metaLit“-Projekt nun eine Alternative: Mathematische Modelle, die beliebige Batteriezustände simulieren können und über eine Hardwarekomponente an das BMS weitergeben. Damit dienen die Modelle als Batterieemulatoren in Hardware-in-the-Loop-Testständen. So werden die aufwändigen Messungen mit realen Batterien überflüssig. „Das spart Zeit und Geld – und liefert wegen der besseren Reproduzierbarkeit der Daten sogar noch verlässlichere Ergebnisse“, sagt Pescara.
Bei der Emulation der physikalischen und elektrochemischen Vorgänge innerhalb der Batterien können die Forschenden auf bereits entwickelte Lithium-Ionen-Batteriemodelle für die Simulationssoftware „BaSiS“ des Fraunhofer IEE zurückgreifen.
Experimentelle Analyse für die Charakterisierung
Für die Erstellung der Modelle ist ein detailliertes Verständnis der in der Batterie stattfindenden Prozesse notwendig. So müssen zum Beispiel die zeitliche Entwicklung des SEI-Wachstums und der Dendritenbildung bekannt sein.
Daher arbeitet das Fraunhofer IEE bei „metaLit“ mit dem Forschungsinstitut Edelmetalle + Metallchemie (fem) zusammen: In einer experimentellen Analyse charakterisieren Experten des fem die dynamischen Eigenschaften der metallischen Lithium-Elektroden innerhalb der Batterie. Dabei werden neben konventionellen elektrochemischen Methoden Untersuchungsverfahren eingesetzt, die für die Analyse des schwer zugänglichen metallischen Lithiums angepasst wurden.
Das „metaLit“-Projekt läuft bis zum 30. September 2022. Es wird über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.
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